Trümmerfrauen
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Ursula Sperling ![]() Ursula Sperling war 16 Jahre alt, als anglo-amerikanische Bomber am 8. April 1945 Halberstadt in Schutt und Asche legten.
Heute nach 50 Jahren der Schreckensnacht sind die Erinnerungen noch nicht verblaßt. "Im Januar 1945 mußten wir aus Liegnietz flüchten.
Mein Vater, der auf dem Flugplatz gearbeitet hatte, durfte nicht mit.
Eines Morgens haben sich alle Angehörigen des Flugplatzpersonals dort treffen müssen.
Es stand ein Waggon für uns auf dem Zubringergleis bereit. Die Polster waren rausgerissen und die Fensterscheiben waren entzwei.
Trotzdem hatten wie noch Glück, denn wir hatten ein Dach über dem Kopf. Es war schrecklich, Kinder haben im Gepäcknetz gelegen.
Ich selbst saß am Fenster. Vor Kälte habe ich mich kaum bewegt. Das Wasser und die Toiletten waren vereist.
Oftmals hielt der Zug stunden- und tagelang. In dieser Zeit hat man sich gewaschen und etwas bewegt, aber nicht weit weg vom Zug.
Ich habe Flüchtlinge gesehen mit Handwagen, Pferdewagen, Kinderwagen auf den Straßen.
Kranke und alte Menschen wurden einfach an den Straßenrand gesetzt. Diese Erinnerungen sind bleibend.
Glücklich in Apolda angekommen mußten wir noch eine Nacht auf Fahrkartensäcke übernachten,
bevor wir unser Zielort Halberstadt am 1. Februar 1945 erreichten."
Am 7. und 8. April 1945 war Frau Sperling in Gröningen. "Am Freitag sollte ich nach Gröningen fahren.
Durch die Bombardierung des Bahnhofes fuhr der Zug nur bis zur Schranke und dann zurück nach Magdeburg.
Am Samstag meinte mein Onkel ,hört, jetzt wird Halberstadt in Schutt und Asche gelegt'.
Dann mußten sich alle Männer aus Gröningen versammeln und fuhren nach Halberstadt um Hilfe zu leisten.
Ich selbst mußte nach Halberstadt laufen. Aber man ließ mich in Wehrstedt nicht rein.
Durch Schleichwege erreichte ich doch unser Haus. Das Nachbarhaus brannte lichterloh.
Meine Mutter nahm das Nötigste aus unserer Wohnung, weil wir Angst hatten, das Feuer greift über.
Am Nachmittag sind wir zum Kulk, dort bin ich so richtig mit dem Grauen des Krieges in Berührung gekommen.
Da lagen kleine Kinderbeine, Kopfhaut und Haarteile."
Im Juni 1945 meldete sie sich beim Stadtbauamt, um aufzuräumen. "Eingesetzt wurde ich am Breiten Weg.
Wir Jugendlichen mußten immer die großen Steine nehmen. Das ging ganz schön ins Kreuz.
Es gab wenig zu essen, wenn Loren umgekippt sind, mußten diese von der Schuhstraße wieder hochgeschoben werden.
Gegenstände, die wir fanden, mußten auf einen Berg gelegt werden. Was daraus geworden ist, weiß ich leider nicht mehr.
Bis Mai 1946 lief das Enttrümmern nur über Anwesenheitsliste.
Ab Mai erhielt ich dann eine feste Anstellung bei der Tiefbaufirma Peter Bauwens.
Der Standort war der Paulsplan. Unser Meister war Alfred Zöllner.
Gearbeitet habe ich an der Hamoniekaserne und beim Abriß des Casinos der Minenwerferkaserne war ich dabei, auf dem Breiten Weg,
überall sind wir eingesetzt worden. Alle brauchbaren Teile mußten doch genutzt werden.
In den Wintermonaten habe ich im Magazin Wäsche sortiert. An der Martinikirche hat Herr Schröder mit der Erdbeernase
(so hatte man ihn genannt) Brühe für 10 Pfennige verkauft."
Frau Sperling ist heute noch der Meinung, daß trotz dem Elend und der Not, die in den ersten Nachkriegsjahren herrschte, der kameradschaftliche Zusammenhalt viel ausgeprägter war. |
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