Trümmerfrauen
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Käthe Blattner Als ich bei Frau Blattner an der Tür klingelte, kam mir ein kleiner Pudel entgegen.
Mit ihm habe ich schnell Freundschaft geschlossen, und so konnte Frau Blattner mir ihre Lebensgeschichte erzählen.
Frau Blattner, wann und wo sind Sie geboren und wie haben Sie Ihre Kindheit verlebt? Ich bin 1920 in Berlin geboren.
Besuchte in Berlin das Lyzeum für Mädchen.
Meine Kindheit war sehr behütet. Meine Eltern waren, wie man heute sagen würde, reiche Leute.
Damals war es eben der Mittelstand.
Wann sind Sie nach Halberstadt gezogen? 1936 zogen meine Eltern nach Halberstadt.
Mein Vater übernahm hier einen Betrieb. In Halberstadt habe ich dann bis 1937 die höhere Handelsschule besucht.
Wie war es bei Ihnen mit dem Pflichtjahr? Aber selbstverständlich mußte ich das Pflichtjahr machen.
Ich habe ein ½ Jahr auf einem Gut und ½ Jahr bei einer Familie in Potsdam gearbeitet.
Und wie ging es dann weiter? Von 1940 bis 1942 besuchte ich die Kunstgewerbeschule in Magdeburg.
Die wurde aber dann geschlossen, und ich wurde bei "Krupp und Grusum" in Magdeburg verpflichtet.
Dort bin ich mit dem damaligen Klassenhass das erste Mal konfrontiert worden. Ich bin immer mit Tschechen aus dem Betrieb gegangen.
Eines Tages mußte ich zum damaligen Abteilungsleiter. Dieser Umgang ist nicht gut für mich und mir wurde der Umgang verboten.
Waren Sie nur in Magdeburg dienstverpflichtet? Nein, ich mußte dann zu "Junkers" nach Halberstadt.
Dort habe ich als Technische Zeichnerin gearbeitet. Bei Junkers war meine unmittelbare Nachbarin Halbjüdin.
Wie haben uns sehr gut verstanden. Eines Tages wurde sie abgeholt und ich mußte zum Personalchef. Dort wurde ich gemaßregelt.
Ich müßte froh sein, daß mein Vater so ein angesehener Mann in Halberstadt ist, sonst würde ich jetzt dort sein, wo das Pack hingehört.
Viel später erfuhr ich, daß diese Frau in die Munitionsfabrik Mönchhai gebracht wurde.
Sind Sie damit einverstanden, und wären Sie bereit mir Ihre Eindrücke und Erlebnisse am Tag der Zerstörung, am 8. April 1945, zu erzählen? Aber selbstverständlich. Gerade darüber muß gesprochen werden.
Ich selbst war an diesem Tag im Fellsenkeller. Das war eine Höhle der Junkerswerke. Die Stadt brannte tagelang.
Menschen liefen weinend in der Stadt herum, überall lagen verkholte Leichen. Meine Eltern habe ich nach 3 Tagen gefunden.
Unser Haus im Weingarten war zerbombt und unser Lager brannte. Mein Vater hat Menschen durch unser Grundstück gebracht,
weil alles ringsherum brannte.
Waren Sie und wo waren Sie Trümmerfrau? ![]() Trümmerfrau war ich am Holzmarkt.
Ich habe nur Steine geklopft um Lebensmittelmarken zu erhalten, denn 1946 habe ich geheiratet und habe bei meinem Mann als Grafikerin gearbeitet.
Waren Sie gesellschaftlich tätig? Der Mensch war und ist immer wichtig für mich.
Ich war jahrelang im Elternaktiv und dann habe ich bei der Jugendhilfe gearbeitet. Nicht zu vergessen die Zeit als Schöffe.
1954 bin ich Mitgleid im DFD geworden.
Da Sie aus dem Mittelstand kamen, haben Sie Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen gehabt? Ach woher. Ich bin immer akzeptiert worden.
Und was wünschen Sie sich für die Zukunft? Keine Gewalt, keinen Krieg, keinen Klassenhass und vor allem Gesundheit.
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